05. Juli 2017

Beste Pflegeschülerin Deutschlands in Berlin ausgezeichnet

Stefanie Obermayer, Altenpflegeschülerin aus Burghausen in Bayern, ist Siegerin des diesjährigen Bundeswettbewerbs „Bester Schüler in der Alten- und Krankenpflege“. Das ZQP sprach in Berlin mit der Siegerin, Stefanie Obermayer.

Gespräch mit Frau Obermayer

Frau Obermayer, Sie sind als Deutschlands Beste Pflegeschülerin ausgezeichnet worden. Wer oder was hat Sie in der Altenpflege so gut gemacht?

Ausschlaggebend war das Zusammentreffen verschiedener Umstände. Ich hatte sehr viel Glück mit Kollegen, Lehrern und meiner sehr engagierten Praxisanleiterin. Ohne sie wäre mir sicherlich vieles in der praktischen Umsetzung schwerer gefallen. Es ist in unserem Beruf unglaublich wichtig, auf Menschen zu treffen, die einen mitreißen können. Natürlich gehört auch ein guter Schuss Idealismus dazu sowie eine große Portion Neugierde am Thema.

Im praktischen Teil des Wettbewerbs ging es auch darum, erlerntes Wissen richtig anzuwenden. Welches Wissen ist Ihrer Ansicht nach notwendig, um pflegebedürftige Menschen gut zu pflegen?

Fachwissen und soziale Kompetenz sind zentrale Stützpfeiler, um pflegebedürftige Menschen gut zu pflegen. Allerdings gehören auch Teamfähigkeit und Selbstreflexion dazu, um eine fördernde und wertschätzende Beziehung aufbauen und Pflegehandlungen hinterfragen zu können. Dennoch kann man sich schon die Frage stellen, was gute Pflege für alle Beteiligten am Pflegeprozess bedeutet und wie hier ein einheitliches Ergebnis gefunden werden kann.

Wissen ist der Schlüssel zu einer gelingenden Pflege. Was meinen Sie, wie können Pflegewissen und Pflegekompetenz bei professionell Pflegenden gestärkt werden?

Es hängt viel damit zusammen, wie die Einrichtung aufgestellt ist, welche Möglichkeiten es vor Ort gibt. Ob man zum Beispiel auf der Station Experten für bestimmte Themen hat, die ihr Wissen an die Station oder auch an pflegende Angehörige weitergeben können. Viel ist auch vom Arbeitgeber bzw. Heimbetreiber abhängig, was dieser konkret an Weiterbildung anbietet, aber auch, wie die Ressourcen von den Mitarbeitern genutzt werden.

Und worauf sollte bei der Wissensvermittlung geachtet werden?

Einmalige Fortbildungen halte ich für nicht ausreichend. Es müsste mehr Möglichkeiten geben, Themen stärker zu vertiefen. Dies setzt aber auch eine gute Kommunikationsstruktur zwischen den Entscheidern und Mitarbeitern in Pflegeeinrichtungen voraus, um überhaupt herauszufinden, in welchen Bereichen Fortbildungsbedarfe bestehen. Allerdings besteht meines Erachtens ein großes Problem in den derzeitigen Strukturen der Pflege: wenn Zeitdruck und Arbeitsverdichtung weiter zunehmen, kann sich das negativ auf die Motivation auswirken. Hier müsste für mehr Entlastung gesorgt werden.

Momentan wird viel über die Reform der Pflegeausbildung diskutiert. Was haben Sie an der Pflegeausbildung geschätzt und in welchen Bereichen sehen Sie die größten Verbesserungsbedarfe?

Geschätzt habe ich an meiner Ausbildung die thematische Vielfalt, die von medizinischem Grundlagenwissen bis zur Rechtskunde reichte. Allerdings halte ich die derzeitigen Strukturen der Praxisanleitung für schwierig: Ich selbst habe eine sehr engagierte Praxisanleiterin erlebt, allerdings sind die Zeiten für Anleitungen durch die dünne Personaldecke oft begrenzt. Dies habe ich auch bei anderen Mitschülern erlebt. Hier würde ich mir wünschen, dass es durch verbesserte Strukturen mehr Möglichkeiten für Praxisanleiter gibt, ihr Engagement auch zu entfalten. Zudem findet der viel zitierte Theorie-Praxis-Transfer zu selten statt. Pflegeforschung und Pflegepraxis werden in der Ausbildung zu stark voneinander getrennt betrachtet. Es ist nicht klar, welches Wissen für eine bessere Versorgung am Pflegebett entscheidend ist und nach welchen Kriterien das Wissen in den Schulen vermittelt wird. Hier fehlen meines Erachtens zu oft die Zusammenhänge.

Was sind aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren die größten Herausforderungen in der Pflege?

Die Probleme sind bekannt. Es gibt künftig immer mehr pflegebedürftige Menschen in unserem Land, die von zu wenigen Pflegekräften versorgt werden. Nicht bessern wird sich die Situation, wenn das Interesse am Altenpflegeberuf weiterhin gering bleibt. Was die Pflege aber vor allem für die Zukunft braucht, ist eine eigene Stimme, ein eigenes Gesicht. Es gibt diverse Organisationen, aber keine einheitliche Position. Fragen zur zukünftigen Gestaltung der Pflege werden von verschiedensten Interessenvertreten verhandelt, aber die geringe Organisation der Pflegekräfte erschwert eine eigene Stimmbildung und damit eine Einflussnahme. Hier glaube ich, dass wir Pflegekräfte gemeinsam aktiv werden müssen.

Frau Obermayer, vielen Dank für das Gespräch.

Hintergrund zum Gespräch

Zur Person:

Stefanie Obermayer, 34, studierte Germanistik und Erdkunde in Augsburg. Nach ihrem Staatsexamen arbeitete sie einige Jahre an einer Privatschule, ehe sie sich entschied, den Beruf der Altenpflegerin zu ergreifen. Obermayer lernt und arbeitet im AWO Seniorenzentrum „Georg-Schenk-Haus“ im bayerischen Burghausen. Sie steht kurz vor dem Abschluss ihrer dreijährigen Ausbildung zur Altenpflegerin.

Zum Wettbewerb:

Durchgeführt und organisiert wird der Bundeswettbewerb seit 2011 jährlich vom Deutschen Verein zur Förderung pflegerischer Qualität. Laut Veranstalterangaben hatten sich in diesem Jahr 30.000 Schülerinnen und Schüler beteiligt. Teilnehmen konnte, wer den Beruf der Alten-, Kranken- oder Kinderkrankenpflege im zweiten oder dritten Ausbildungsjahr erlernt und einen Notdurchschnitt von mindestens 2,0 vorweisen konnte. Zur letzten Prüfungsrunde trafen sich in Berlin die 23 besten. Sie mussten sich zunächst in einem Vorentscheid auf Ebene der Bundesländer durchsetzen. Während in der „Vorrunde“ eine Klausur über das Weiterkommen entschied, mussten die Finalisten drei Prüfungsteile bewältigen: Bewertet wurden je eine Pflegeplanungs- und Praxisaufgabe sowie ein Beratungsgespräch zwischen Pflegendem und Pflegebedürftigem.

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