Instrument

Assessment für Prävention und Intervention in der häuslichen Pflege (PIP-Assessment)

Professionelle Beratung in der Pflege hat hohes Potenzial zur gesundheitlichen Prävention: So kann die Beratung gesundheitliche Risiken und Ressourcen identifizieren und Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von Krankheit und Pflegebedürftigkeit sowie deren Bewältigung nehmen. Ein systematisches, fachlich fundiertes Vorgehen trägt zu einem gelingenden Beratungsprozess bei. Hierbei soll das frei verfügbare wissenschaftsbasierte Assessment für Prävention und Intervention in der häuslichen Pflege (PIP-Assessment) unterstützen.

Was ist das PIP-Assessment?

Das softwarebasierte PIP-Assessment ist ein wissenschaftlich fundiertes Instrument für die professionelle Beratung zur Pflege. Es kann genutzt werden, um ein vertrauensvolles Beratungsgespräch mit einem systematischen Vorgehen zu verbinden. Mit dem PIP-Assessment können der Beratungsprozess strukturiert, gesundheits- und pflegebezogene Problem- und Risikobereiche sowie entsprechende präventive Potenziale bei pflegebedürftigen Menschen identifiziert werden. Mithilfe der Software werden Informationen systematisch erfasst und analysiert sowie der Beratungsbedarf priorisiert. Die Beratung kann dokumentiert und deren Ergebnisse können zusammenfassend dargestellt werden (digital und print).

Zudem bietet das Instrument den Beraterinnen und Beratern Hinweise auf präventive Beratungsinhalte beziehungsweise Interventionen. Anschließend können geeignete Präventionsmaßnahmen vorgeschlagen und eingeleitet werden.

Das PIP-Assessment kann

– den Beratungsprozess strukturieren
– Problem- und Risikobereiche identifizieren
– Beratungsbedarfe priorisieren
– Beratungsvorschläge ausweisen
– die Beratung dokumentieren

Wie kann das PIP-Assessment genutzt werden?

Das PIP-Assessment ist bei verschiedenen professionellen Beratungsanlässen nutzbar, insbesondere bei der Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) und der häuslichen Beratungsbesuche bei Pflegegeldempfängerinnen und -empfängern (§ 37 Absatz 3 SGB XI).

Das Instrument adressiert vorrangig die pflegebedürftige Person, eignet sich aber für verschiedene Beratungskonstellationen. So kann das Assessment beispielsweise auch mit Angehörigen durchgeführt werden.

Das PIP-Assessment kann in allen vier Phasen des Beratungsprozesses eingesetzt werden: Orientierungsphase, Klärungsphase, Veränderungsphase und Abschluss. Dabei können inhaltliche Schwerpunkte und die Bearbeitungsreihenfolge flexibel gewählt werden.

Voraussetzung seitens der Beraterinnen und Berater sind die fachlichen, personalen sowie gegebenenfalls gesetzlich geforderten Kompetenzen für die professionelle Beratung in der Pflege. Diese sind auch im Qualitätsrahmen für Beratung in der Pflege beschrieben. Zudem ist Wissen über präventive Maßnahmen, deren Nutzen und Umsetzung erforderlich.

Eine spezielle Schulung zur praktischen Anwendung des Assessments ist nicht notwendig. Hinweise zur Nutzung bietet der Leitfaden zum PIP-Assessment.

Das PIP-Assessment ist

– wissenschaftlich fundiert
– an Ressourcen ausgerichtet
– im Beratungsprozess variabel einsetzbar
– softwarebasiert
– frei zugänglich

Wie ist das PIP-Assessment aufgebaut?

Die PIP-Software umfasst ein Basisassessment, ein Bedarfsassessment und eine Bedarfsübersicht. Zudem bietet die Software themenspezifisch Vorschläge für vertiefende Fragen zur Unterstützung der Gesprächsführung, Hinweise zu Anzeichen für gesundheitliche Risiken sowie Anregungen für Beratungsinhalte. Alle erfassten Daten werden in einer Zusammenfassung dargestellt. Diese kann als PDF gespeichert und gedruckt werden. Abschließend können vereinbarte Ziele, Absprachen zum weiteren Vorgehen sowie zu klärende Punkte festgehalten werden. Bei einer Beratung nach § 37 Abs. 3 SGB XI kann der Beratungsnachweis in der Software erstellt werden.

Im Basisassessment werden persönliche Daten, Daten zum Beratungsanlass, zur Beratungssituation sowie zur gesundheitlichen Versorgung und zur Pflegesituation erhoben.

Im Bedarfsassessment wird die Pflege- und Versorgungssituation anhand von neun Modulen erfasst:

1. Organisation der Pflege und weiteren Versorgung
2. Mobilität
3. Psychische Gesundheit
4. Körperliche Gesundheit
5. Selbstversorgung und Haushaltsführung
6. Soziale Kontakte und Alltagsleben
7. Wohnumfeld
8. Pflegebeziehung
9. Pflegesituation aus Sicht der/des Angehörigen

Zudem können von der Beraterin oder dem Berater ergänzende Informationen zu individuellen Problembereichen und gesundheitlichen Risiken eingetragen werden, um Ressourcen und Beratungsthemen noch gezielter zu identifizieren.

In der Bedarfsübersicht wird der identifizierte Beratungsbedarf zusammengefasst und priorisierend nach Beratungsthemen dargestellt. Optional können Beratungsinhalte und Interventionen ausgewählt werden. Die Bedarfsübersicht kann auch als Grundlage für die individuelle Maßnahmen- und Versorgungsplanung eingesetzt werden.

Wie wird der Beratungsbedarf eingeschätzt?

Bei der Einschätzung des Beratungsbedarfs steht die Perspektive der pflegebedürftigen Person im Vordergrund. Das heißt: Sie bewertet, wie gut Schwierigkeiten oder Beeinträchtigungen mit der aktuellen Unterstützung bewältigt werden können. Dies wird durch die fachliche Einschätzung der Beraterin oder des Beraters in jedem Modul ergänzt. Darüber hinaus werden in einigen Modulen Informationen zu spezifischen Präventionsbereichen erfasst. Hieraus leitet sich die Einschätzung des Beratungsbedarfs ab.

Der Beratungsbedarf wird in jedem Modul auf Basis der Angaben automatisch priorisiert und in einem Farbschema dreistufig ausgewiesen: kein Beratungsbedarf, nachrangiger Beratungsbedarf oder vorrangiger Beratungsbedarf. Der Beratungsbedarf ergibt sich nicht allein aus dem Ausmaß von Funktions- und Fähigkeitsverlusten. Entscheidend für die Beratung ist demnach, ob die vorhandene Unterstützung ausreichend ist, um Beeinträchtigungen zu kompensieren und der pflegebedürftigen Person ein möglichst selbstständiges Leben zu ermöglichen sowie pflegende Angehörige angemessen zu entlasten.

Wie wurde das PIP-Assessment entwickelt?

Das PIP-Assessment wurde in einem mehrstufigen Prozess entwickelt. Auf Basis einer wissenschaftlichen Recherche und Analyse deutsch- und englischsprachiger Assessments und anderer Instrumente zur Einschätzung von individuellen Versorgungsbedarfen, gesundheitlichen Risiken und Präventionspotenzialen wurden relevante Beratungsbereiche und -inhalte identifiziert und systematisiert. Zudem wurde an Vorarbeiten des ZQP angeknüpft, insbesondere an den Qualitätsrahmen für Beratung in der Pflege.

Die Entwicklung des Instruments wurde durch eine ZQP-Perspektivenwerkstatt begleitet. Eingebunden waren politische Akteure auf Bundesebene sowie Expertinnen und Experten aus der Beratungspraxis. Zudem wurde ein Praxistest im Rahmen von Beratungseinsätzen nach § 7a und § 37 Absatz 3 SGB XI durchgeführt.

Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Büscher, Hochschule Osnabrück

Nathalie Englert, Hochschule Osnabrück

Englert, N., Sulmann, D., & Büscher, A. (2021). Assessmentinstrumente zur Beratung in der häuslichen Pflege. Pflegewissenschaft, 23(3), 38-44.

Englert, N., Sulmann, D., & Büscher, A. (2023). Beratung in der häuslichen Pflege. Assessment zur Prävention und Intervention (PIP-Assessment). Pflegewissenschaft, 25(5), 244-250.

PIP-Assessment herunterladen

Die Software sowie Updates zum PIP-Assessment können hier und im Microsoft Store kostenfrei heruntergeladen werden. Eine Registrierung ist nicht erforderlich. Die Software kann auf Geräten mit Windows 10 oder höher installiert werden. Die in der Software erfassten Daten werden ausschließlich auf dem Gerät gespeichert. Ein Datentransfer, etwa aus anderen Programmen oder auf andere Geräte, ist nicht möglich.

Das PIP-Assessment wird fortlaufend aktualisiert. Informationen zu Updates finden Sie hier und im Microsoft Store. Die aktuelle Version 0.2.6.0 vom 27. Oktober 2023 enthält technische Verbesserungen. Zudem kann nun bei einer Beratung nach § 37 Abs. 3 SGB XI der Beratungsnachweis in der Software erstellt, gespeichert und gedruckt werden.