Schmerzen
Schmerzen können sehr belastend sein. Sie beeinträchtigen die Gesundheit und den Alltag älterer pflegebedürftiger Menschen oftmals über lange Zeit. Nicht immer werden Schmerzen ausreichend behandelt. Dafür gibt es vielfältige mögliche Gründe. Dabei können sie in der Regel mit Unterstützung von Fachleuten gelindert und das Wohlbefinden gefördert werden. Ein individuell ausgerichtetes, professionell gesteuertes Schmerzmanagement kann hierbei hilfreich sein.
InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis minimieren
Einleitung
Wissen
- Bedeutung
- Ursachen und Risikofaktoren
- Folgen
- Häufigkeit
- Herausforderungen
- Maßnahmen zum Schmerzmanagement
Tipps für pflegende Angehörige
Hinweise für die professionelle Pflege
Welche Bedeutung hat die Schmerzversorgung bei pflegebedürftigen Menschen?
Viele ältere pflegebedürftige Menschen haben Schmerzen. Das liegt unter anderem daran, dass verschiedene Risikofaktoren für Schmerzen im höheren Alter und bei Pflegebedürftigkeit zusammenkommen. Oftmals sind die Schmerzen chronischChronisch bedeutet, dass etwas lang anhält oder langsam fortschreitet, zum Beispiel: Erkrankungen, Stress, Einsamkeit und Schmerzen., das heißt sie halten über Monate oder Jahre an. Sie beeinträchtigen den Alltag, können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben und zu einem höheren Pflegebedarf führen.
Chronische Schmerzen sind daher nicht nur für betroffene pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, sondern auch für das Gesundheitswesen ein relevantes Problem. Entsprechend kommt einer individuellen Schmerzversorgung im Alter und bei Pflegebedürftigkeit erhebliche Bedeutung zu.
Was sind Ursachen und Risikofaktoren für Schmerzen?
Schmerzen sind Signale des Körpers und können zum Beispiel auf Verletzungen, Fehlbelastungen, Entzündungen, Erkrankungen sowie psychische Gesundheitsprobleme hindeuten.
Wie Schmerzen verlaufen und empfunden werden, ist individuell. Auch der Alterungsprozess beeinflusst die Schmerzwahrnehmung und die Schmerztoleranz. Das heißt: Ältere Menschen nehmen Schmerzen etwas später und schlechter wahr als jüngere Menschen. Gleichzeitig empfinden sie starke Schmerzen eher als nicht mehr erträglich.
Bei älteren pflegebedürftigen Menschen kommen oftmals mehrere Ursachen und Risikofaktoren für chronische Schmerzen zusammen. Sie können zudem Schmerzen teilweise verstärken und die Behandlung erschweren.
Bei älteren pflegebedürftigen Menschen sind chronische Schmerzen vor allem aufgrund von Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität), Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Arthrose oder Osteoporose, Neuropathien, chronischen Wunden oder Tumoren verbreitet. Auch wenn akute Schmerzen nicht ausreichend behandelt werden, kann dies zur Chronifizierung beitragen. Weitere Risikofaktoren für chronische Schmerzen sind außerdem: Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel, Ernährungsprobleme, Übergewicht.
Psychische Faktoren können Schmerzen verursachen oder verstärken, zum Beispiel: Anspannung, Angst, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit. Auch negative Erfahrungen mit Schmerzen, die Erziehung, das soziale oder kulturelle Umfeld haben Einfluss. Das gilt auch für Selbstwirksamkeit und subjektive Gesundheit: Wer wenig Vertrauen in seine Fähigkeiten hat, Probleme zu lösen, und sich hilflos oder nicht gesund fühlt, hat eher chronische Schmerzen. Des Weiteren ist Depression ein Risikofaktor für chronische Schmerzen. Diese Faktoren können auch den Umgang mit Schmerzen negativ beeinflussen.
Mangelnde Unterstützung und soziale Isolation können den Alltag mit Schmerzen und den Zugang zu Versorgungsangeboten erschweren. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit bei älteren Menschen höher als bei jüngeren. Daneben kann der sozioökonomische Status (unter anderem Bildung, Beruf, Einkommen) Einfluss auf das Wissen über Gesundheit, Schmerzen und Angebote im Gesundheitssystem sowie auf deren Nutzung (Gesundheitskompetenz) haben. Fehlendes Wissen kann beispielsweise dazu beitragen, dass mitunter bei älteren pflegebedürftigen Menschen die Schmerzbehandlung ausbleibt oder nicht genügt.
Gesundheitsinformationen.de: Chronische Schmerzen verstehen
Stiftung Gesundheitswissen: Wie entstehen Schmerzen?
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Mehr InformationenWelche Folgen können chronische Schmerzen haben?
Chronische Schmerzen können die psychische und körperliche Gesundheit beeinträchtigen sowie den Alltag erschweren und bestimmen.
Folgen sind zum Beispiel:
- Appetitmangel, Bluthochdruck, Schlafprobleme
- Stress, Angst, Verzweiflung, kognitive Probleme
- verminderte Beweglichkeit, eingeschränkte Selbstständigkeit, Stürze
- Rückzug, soziale Isolation
- Depression, Lebensmüdigkeit bis hin zu Suizidalität
Diese Folgen können Schmerzen wiederum verstärken und die Behandlung erschweren. Der Pflegebedarf kann zunehmen und dadurch die Versorgung zuhause eventuell nicht mehr möglich sein. Dann kann der Umzug in eine Pflegeeinrichtung erforderlich werden. Zudem ist das Risiko für Einweisungen ins Krankenhaus erhöht.
Was ist über die Häufigkeit von Schmerzen bekannt?
Wie viele ältere pflegebedürftige Menschen von chronischen Schmerzen betroffen sind, ist nicht genau zu beziffern. Die Zahlen variieren, je nachdem wie Schmerzen erfasst und welche Altersgruppen und Versorgungssettings einbezogen wurden. So sind ältere pflegebedürftige Menschen für Befragungen schwer erreichbar. Gründe sind zum Beispiel die Wohnsituation, eingeschränkte Mobilität oder Kognition. Daher werden zu Schmerzen bei älteren pflegebedürftigen Menschen oftmals Angehörige sowie professionell Pflegende befragt.
Gut erforscht ist: Chronische Schmerzen sind ein häufiges Problem im Alter und bei Pflegebedürftigkeit. Ein Review von 2016 von verschiedenen Studien in Großbritannien zeigt einen stetigen Anstieg von chronischen Schmerzen mit zunehmendem Alter, mit einem Höchstwert von 62 Prozent bei Personen über 75 Jahre. In einer schwedischen Studie von 2011 bis 2013 mit über 1.400 Teilnehmenden ab 65 Jahren hatte im Durchschnitt über 38 Prozent chronische Schmerzen. Bei 85- bis 94-Jährigen waren es circa 48 Prozent.
2012 berichteten 69 Prozent von über 800 ambulant versorgten pflegebedürftigen Personen in einer deutschen Studie von Schmerzen. In einer Untersuchung mit 200 Bewohnern und Bewohnerinnen stationärer Pflegeeinrichtungen in Deutschland wurden bei 56 Prozent Schmerzen erfasst. Der 8. Qualitätsbericht des Medizinischen Diensts Bund dokumentiert für 2023 von über 70.000 pflegebedürftigen Personen in verschiedenen Pflegesettings rund 48 Prozent als Menschen mit Schmerzen.
Wieso werden Schmerzen nicht immer ausreichend behandelt?
Nicht immer werden Schmerzen bei älteren pflegebedürftigen Menschen ausreichend behandelt. Das bedeutet unter anderem: die Behandlung verzögert sich, ist unzureichend oder bleibt aus.
Die Ursachen sind vielfältig – auf individueller, prozessualer und struktureller Ebene. So werden Schmerzen nicht geäußert, etwa aus Sorge, andere damit zu belasten. Oder sie werden ertragen in der Annahme, dass im Alter und bei Pflegebedürftigkeit wenig gegen Schmerzen getan werden kann. Aus Angst vor Nebenwirkungen oder Abhängigkeit werden Medikamente vielleicht vermieden oder abgelehnt. Menschen mit Demenz können Schmerzen eventuell nicht zuordnen und mitteilen. Sie erhalten teilweise weniger Schmerzmedikamente als Menschen ohne kognitive Beeinträchtigungen.
Zu einer unzureichenden Schmerzbehandlung bei älteren pflegebedürftigen Menschen kann es auch durch Wissensdefizite bei Gesundheitspersonal über Anzeichen, Risikofaktoren, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten kommen. Weitere Gründe können Zeitdruck, Personalmangel, ungenügende Abstimmung zwischen Personal, Professionen und Arbeitsbereichen sowie fehlende Richtlinien und Instrumente in Einrichtungen sein.
Schmerzen können Gesundheit, Wohlbefinden und Alltag älterer pflegebedürftiger Menschen beeinträchtigen. Daher gilt es, auf Anzeichen zu achten und Schmerzen so gut wie möglich zu lindern.
Was ist beim Schmerzmanagement relevant?
Empfehlungen zum Schmerzmanagement bei älteren pflegebedürftigen Menschen geben verschiedene fachliche Leitlinien und Standards. Sie basieren auf der verfügbaren Evidenz und multiprofessioneller Expertise.
Es gibt demnach vielfältige Möglichkeiten, um Schmerzen bei älteren pflegebedürftigen Menschen zu lindern, den Umgang damit zu erleichtern und somit Wohlbefinden, Selbstständigkeit und Teilhabe zu fördern. Dabei gilt jedoch die Evidenzbasis für unterschiedliche Maßnahmen sowie die Schmerzerfassung, insbesondere bei Menschen mit Demenz, allgemein als verbesserungsbedürftig.
Was geeignet ist, ist individuell. Dabei kann die Schmerzbehandlung aufgrund von Multimorbidität, Multimedikation, hohem Alter und Pflegebedürftigkeit komplex sein. Auch die Versorgungssituation und das individuelle Potenzial zum schmerzbezogenen Selbstmanagement durch Betroffene und Angehörige haben Einfluss.
Für ein individuell abgestimmtes und professionell gesteuertes Schmerzmanagement sind insbesondere folgende Aspekte relevant:
- Wissen und Zusammenarbeit
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Wissen und Kompetenzen: Fachlich fundiertes Wissen des Gesundheitspersonals zu Schmerzerfassung, Risikofaktoren, Folgen, möglichen Maßnahmen und deren Umsetzung sowie Kompetenzen zur Beratung und Anleitung von Betroffenen und Angehörigen
Multiprofessionelles Vorgehen: Strukturierte Zusammenarbeit unter anderem von Ärzten, Ärztinnen, professionell Pflegenden, Physiotherapie, Ergotherapie und Fachleuten mit spezifischer Schmerzexpertise unter Beteiligung von Betroffenen und Angehörigen
Organisationsbezogene Prozesse: Strukturiertes Vorgehen anhand von Prozessbeschreibungen, zum Beispiel Verfahrensregelungen in Pflegeorganisationen, zur Kommunikation, zu Zuständigkeiten und zur Dokumentation, unterstützt durch Maßnahmen für eine positive Sicherheitskultur
- Schmerzerfassung
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Screening- und Assessmentinstrumente: Erfassung unter anderem von Schmerzort, Stärke, Dauer, schmerzbedingten Beschwerden, Medikation durch Fachpersonen, geschulte Angehörige oder Betroffene, möglichst per Selbstauskunft oder falls erforderlich durch Beobachtung, vor allem bei eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten, etwa Demenz
- Maßnahmenplanung
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Individuelle Planung: Auswahl geeigneter multimodaler Maßnahmen je nach Ursache, Einflussfaktoren, Art und Stärke der Schmerzen, Gesundheitszustand, Bedürfnissen, Fähigkeiten und Lebenssituation der pflegebedürftigen Person sowie des Unterstützungspotenzials durch Angehörige
Schriftlicher Behandlungsplan: Vereinbarung von Maßnahmen, Vorgehen und Zielen des individuellen Schmerzmanagements, inklusive regelmäßiger Verlaufskontrolle und eventuell Anpassung
- Umsetzung multimodaler Maßnahmen
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Professionell gesteuerter Einsatz individuell geeigneter medikamentöser und nicht-medikamentöser Maßnahmen anhand des Behandlungsplans, beispielsweise koordiniert durch professionelle Pflege
Medikamentöse Behandlung: Individuell passende Medikation zur Schmerzlinderung beziehungsweise Behandlung der Schmerzursachen aufgrund ärztlicher Diagnose unter Berücksichtigung individueller Faktoren wie Multimedikation als Risikofaktor für Medikationsfehler
Nicht-medikamentöse Maßnahmen (Beispiele):
- Bewegung: Alltagsbewegung wie Treppensteigen oder Spazierengehen sowie gezieltes Trainieren zur Förderung von Kraft und Beweglichkeit, möglichst mit Unterstützung von Physiotherapie oder Ergotherapie
- Anwendungen: Wärmende oder kühlende Auflagen, Massagen oder pflanzliche Heilmittel
- Psychotherapie: Unterstützung beim Umgang mit Schmerzen und damit verbundenen negativen Gefühlen wie Trauer und Wut, Stärkung psychischer Ressourcen wie Optimismus und Selbstwirksamkeit sowie Therapie schmerzrelevanter Erkrankungen, etwa Angststörung oder Depression
- Entspannung: Achtsamkeitstrainings, Atemtechniken, Entspannungsübungen wie Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung, Bewegungsformen wie Yoga, Tai-Chi und Qigong sowie Musik hören und Singen
- Soziale Unterstützung: Praktische Hilfe im Alltag durch Familie, Freundeskreis oder Nachbarschaft sowie Zuwendung, Aufmerksamkeit und Beschäftigung
- Prävention: Vermeiden von Auslösern von Schmerzen, zum Beispiel im Alltag, bei der Pflege und therapeutischen Maßnahmen
- Selbsthilfe: Austausch über den Umgang mit Schmerzen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen
- Beratung und Befähigung
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Professionelle Beratung und Anleitung der pflegebedürftigen Person sowie ihrer Angehörigen durch qualifiziertes Gesundheitspersonal zur Förderung selbstbestimmter Entscheidungen über das Schmerzmanagement und einer kompetenten und aktiven Mitwirkung daran
Mögliche Beratungsinhalte:
- Wissen über Schmerzursachen, Auslöser, Behandlungsmöglichkeiten und deren Grenzen, etwa Wirkung und Nebenwirkung von Schmerzmedikamenten
- Beratung zur selbstständigen Einschätzung von Schmerzen
- Kompetenzen zum Umgang mit Schmerzen
- Informationen zur Erleichterung des Alltags, zum Beispiel Hilfsmittel, Anpassungen in der Wohnung, geeignete Techniken bei der Pflege, etwa bei einer Beratung zur Pflege oder in einem Pflegekurs
Tipps für pflegende Angehörige
Mit Schmerzen bei älteren pflegebedürftigen Menschen umgehen
Schmerzen sind Signale des Körpers. Sie deuten zum Beispiel auf Verletzungen, Fehlbelastungen, Entzündungen oder Erkrankungen hin. Sie können auch auf psychische Beschwerden hinweisen, etwa starke Anspannung oder Angst. Wie Schmerzen verlaufen und empfunden werden, ist individuell.
Schmerzen können kurzzeitig (akut) oder langanhaltend bestehen (chronischChronisch bedeutet, dass etwas lang anhält oder langsam fortschreitet, zum Beispiel: Erkrankungen, Stress, Einsamkeit und Schmerzen.) und sehr belastend sein. Sie können die Wahrnehmung, das Denken und den Alltag beeinträchtigen und zu weiteren gesundheitlichen Problemen führen. Daher müssen sie ernst genommen und möglichst gut gelindert werden. Verschiedene Maßnahmen können dazu beitragen.
- Auf Anzeichen für Schmerzen achten
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Pflegebedürftige Menschen äußern Schmerzen mitunter nicht, weil sie glauben, dass dies andere belastet oder Schmerzen im Alter dazugehören. Menschen mit Demenz können Schmerzen eventuell nicht benennen. Daher ist es wichtig, nach Schmerzen zu fragen und auf Anzeichen zu achten. Möglichst genaue Informationen sind für die passende Behandlung wichtig.
- Ermutigen Sie die pflegebedürftige Person, Schmerzen zu äußern. Fragen Sie sich regelmäßig nach Schmerzen: Hast du Schmerzen? Wo? Wie stark? Seit wann? Stellen Sie Menschen mit Demenz Fragen, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann.
- Achten Sie auf Anzeichen für Schmerzen, zum Beispiel: Unruhe, Reiben oder Halten von Körperstellen, Stöhnen, Weinen, Schonhaltung, Abwehr von Berührungen, Anspannung, Schwitzen. Auf Schmerzen kann auch hindeuten, wenn jemand sich zurückzieht, aggressiv ist, hoffnungslos oder traurig wirkt.
- Sprechen Sie über Probleme im Alltag, etwa beim Gehen oder Schlafen. Fragen Sie nach, ob diese durch Schmerzen verursacht werden.
- Informieren Sie sich, wie Sie Schmerzen erkennen und die Stärke einschätzen können. Es gibt dafür Fragebögen, auch speziell für Menschen mit Demenz. Die SchmerzApp der Deutschen Schmerzgesellschaft bietet unter anderem Informationen zu Diagnostik und Besonderheiten bei Schmerz im Alter.
- Nutzen Sie eventuell ein Schmerztagebuch. Darin können Sie unter anderem notieren, wann und wie stark die Schmerzen auftreten und welche Einflussfaktoren sie lindern oder verstärken. Fragen Sie in den Arzt oder die Ärztin nach einer Vorlage. Ein Tagebuch für Rückenschmerzen bietet zum Beispiel die Stiftung Gesundheitswissen.
- Schmerzen lindern
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Es gibt vielfältige schmerzlindernde Maßnahmen, zum Beispiel Bewegung, Massagen oder Medikamente. Was geeignet ist, hängt unter anderem von der Ursache, der Schmerzstärke, den Bedürfnissen und den Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person ab.
- Machen Sie deutlich, dass Sie die Schmerzen ernst nehmen. Vermitteln Sie Geborgenheit und Akzeptanz. Nutzen Sie bei Menschen mit Demenz vermehrt Körpersprache und Körperkontakt.
- Unterstützen Sie dabei, dass die Schmerzen und deren Ursachen ärztlich untersucht werden. Dann kann festgestellt werden, welche Behandlung individuell geeignet ist. Diese wird möglichst mit der pflegebedürftigen Person sowie dem Arzt, der Ärztin, Pflegefachpersonen und eventuell Ergotherapie oder Physiotherapie besprochen. Dazu wird ein Behandlungsplan erstellt. Bringen Sie hierzu Ihre Beobachtungen und Anregungen ein. Der Behandlungsplan umfasst unter anderem die Diagnose, die Ziele, die schmerzlindernden Maßnahmen und die Zeiten für deren Anwendung.
- Helfen Sie, die Therapie möglichst gut umzusetzen, zum Beispiel Schmerzen wie ärztlich verordnet mit Medikamenten zu lindern. Beachten Sie die Sicherheit bei der Medikation. Sprechen Sie mit dem Arzt oder der Ärztin, bevor Sie selbst gekaufte Medikamente anwenden.
- Machen Sie Angebote, um Schmerzen zu lindern, zum Beispiel: eine kühlende Auflage oder ein Wärmekissen. Fragen Sie nach, ob dies wirksam und wohltuend ist. Achten Sie bei Menschen mit Demenz auf die Körpersprache: Ist das Gesicht entspannt? Oder sind die Gesten abwehrend?
- Unterstützen Sie bei Bewegung, die hilft, das Wohlbefinden zu fördern und eventuell Schmerzen entgegenzuwirken, zum Beispiel Yoga. Anleitungen für Yoga-Übungen für pflegebedürftige Menschen bietet beispielsweise die AOK Nordost. Holen Sie fachlichen Rat zu individuell geeigneten Übungen bei einem Arzt, einer Ärztin oder der Physiotherapie ein. Weitere Anregungen, um Bewegung zu fördern, erhalten Sie bei den Tipps gegen Bewegungsmangel.
- Lenken Sie ab, zum Beispiel mit gemeinsamer Beschäftigung: ein Spiel spielen oder ein Kreuzworträtsel lösen. Unterhalten Sie sich über positive Themen. Achten Sie aber darauf, nicht zu überfordern.
- Helfen Sie bei der Entspannung, zum Beispiel mit angenehmer Beleuchtung oder entspannender Musik. Probieren Sie Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Achtsamkeitsübungen oder andere Entspannungstechniken aus. Anleitungen erhalten Sie in Kursen oder Apps wie der 7MindApp oder der BalloonApp. Informieren Sie sich dazu bei der Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung der pflegebedürftigen Person.
- Massieren Sie sanft zum Beispiel Brust, Hände und Füße. Das kann wohltun, von Schmerzen ablenken und sie eventuell lindern. Verwenden Sie dafür ein neutrales Körperöl, zum Beispiel Mandelöl, Arganöl oder Jojobaöl. Weitere Tipps zu Naturheilmitteln bei Schmerzen in Muskeln und Gelenken erhalten Sie im ZQP-Ratgeber Naturheilmittel.
- Erkundigen Sie sich, wie Sie mit Schmerzen bei Menschen mit Demenz umgehen können. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft vermittelt Wissen dazu in einem Informationsblatt und einem Podcast.
- Im Alltag unterstützen
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Schmerzen können den Alltag stark beeinträchtigen. Sie können zum Beispiel die Bewegung erschweren, zu Schlafproblemen oder sozialem Rückzug führen. Die passende Unterstützung im Alltag kann helfen, Wohlbefinden und Selbstständigkeit zu fördern, Schmerzen vorzubeugen und entgegenzuwirken.
- Helfen Sie Termine wahrzunehmen, etwa als Begleitung oder durch Organisation eines Fahrdienstes.
- Fördern Sie die Selbstständigkeit: Regen Sie Bewegung an, etwa durch Beteiligung am Haushalt oder mit Spaziergängen. Achten Sie auf eine sichere Umgebung. Passen Sie eventuell die Wohnung an, um Stürze zu vermeiden. Nutzen Sie wenn nötig Hilfsmittel, etwa einen Rollator. Tipps zum richtigen Umgang damit finden Sie im ZQP-Ratgeber Rollator.
- Regen Sie zu angenehmen Aktivitäten an. Unterstützen Sie dabei, trotz Schmerzen etwas zu unternehmen, Interessen nachzugehen und Kontakte zu pflegen.
- Organisieren Sie Besuche zu Hause, wenn Treffen außerhalb wegen Schmerzen nicht möglich sind. Achten Sie darauf, dass das Telefon der pflegebedürftigen Person gut erreichbar und einfach zu bedienen ist. Wie man Kontakte außerdem fördern kann, lesen Sie in den Tipps, um Einsamkeit vorzubeugen.
- Helfen Sie der pflegebedürftigen Person, sich mit anderen auszutauschen. Es gibt zum Beispiel Selbsthilfegruppen für Menschen mit Schmerzen, etwa über den Verein SchmerzLOS. Nach Kontaktstellen für Selbsthilfegruppen können Sie zudem in der Datenbank des ZQP suchen.
- Beugen Sie Schmerzen bei der Pflege vor: Berühren Sie schmerzende Körperstellen vorsichtig. Stützen Sie diese, zum Beispiel bei der Mobilisation. Fragen Sie zwischendurch, ob das Vorgehen Schmerzen auslöst. Wenn nötig unterbrechen oder verschieben Sie die Pflege.
- Informieren Sie alle an der Pflege Beteiligten darüber, was im Alltag zu beachten ist: etwa Anzeichen für Schmerzen, Unterstützungsbedarfe, Maßnahmen zum Vermeiden oder Lindern von Schmerzen. Platzieren Sie den Behandlungsplan für alle an der Pflege Beteiligten gut sichtbar.
- Fördern Sie einen erholsamen Schlaf: Bieten Sie vor dem Zu-Bett-Gehen schmerzlindernde Maßnahmen an, etwa ärztlich verordnete Medikamente oder Massagen. Weitere Anregungen erhalten Sie bei den Tipps gegen Schlafprobleme.
- Achten Sie auf eine gesunde Lebensweise: ausreichend Flüssigkeit, ausgewogene Ernährung, nicht rauchen und möglichst keinen Alkohol. Hinweise zur Ernährung finden Sie in den Tipps zum Essen und Trinken bei Pflegebedürftigkeit.
- Fachlichen Rat einholen
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Fachleute können helfen, geeignete Behandlungen auszuwählen und umzusetzen. Sie können zudem dabei unterstützen, den Alltag mit Schmerzen möglichst gut zu bewältigen.
- Holen Sie zeitnah ärztlichen Rat ein, wenn starke, anhaltende oder plötzliche Schmerzen auftreten. Das gilt auch, wenn weitere Symptome hinzukommen. Außerhalb der Sprechzeiten erreichen Sie den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter: 116 117. Im Notfall wählen Sie die 112. Sind Sie unsicher, an wen Sie sich wenden sollten? Beim Patienten-Navi der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) werden gesundheitliche Beschwerden online abgefragt und Anlaufstellen vorgeschlagen.
- Erkundigen Sie sich beim Arzt, der Ärztin, der Pflegefachperson und Physiotherapie, wie Sie Schmerzen einschätzen können, etwa durch Erfragen oder Beobachten. Lassen Sie sich bei der Anwendung von speziellen Fragenbögen oder einem Schmerztagebuch anleiten.
- Fragen Sie den Arzt oder die Ärztin zur Anwendung von Medikamenten und möglichen Nebenwirkungen. Machen Sie sich vorab und während des Gesprächs Notizen. Informationen und eine Checkliste zur Vorbereitung auf ein ärztliches Gespräch bietet die Stiftung Gesundheitswissen.
- Fragen Sie in der ärztlichen Praxis nach Angeboten bei chronischen Schmerzen, zum Beispiel eine Schmerzambulanz oder Fachpersonen mit Weiterbildung in spezieller Schmerztherapie. Eine Datenbank mit Ärzten, Ärztinnen und Psychotherapie bietet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Dort können Sie nach spezialisierten Angeboten zur Schmerztherapie filtern. Zudem ist die Suche nach schmerzmedizinischen und schmerztherapeutischen Einrichtungen bei der Deutschen Schmerzgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin möglich.
- Lassen Sie sich bei der Anwendung von Wärme oder Kälte, Bewegung, Massagen und anderen nicht-medikamentöse Maßnahmen anleiten.
- Nutzen Sie professionelle psychologische oder psychotherapeutische Angebote. Mögliche Anlaufstellen finden Sie bei der Bundespsychotherapeutenkammer.
- Nehmen Sie Beratung zur Pflege in Anspruch, etwa bei Fragen zur Wohnraumanpassung oder zum Umgang mit Demenz. Zur Suche nach Angeboten können Sie die Datenbank des ZQP nutzen.
- Informieren Sie sich über Angebote zur Unterstützung pflegender Angehöriger. Denn die Pflege eines Menschen mit chronischen Schmerzen kann sehr anspruchsvoll sein. Anregungen zur Entlastung für pflegende Angehörige finden Sie bei den Tipps gegen Überlastung bei der Pflege.
- Nutzen Sie einen Pflegekurs. Hierbei werden unter anderem Wissen zu Erkrankungen und zum Umgang mit Hilfsmitteln vermittelt.
Weitere Informationen:
- Deutsche Alzheimer Gesellschaft: Infoblatt – Schmerzen erkennen und behandeln
- Deutsche Schmerzgesellschaft: Informationen und Hilfen zum Thema Schmerz sowie Flyer zu Schmerzen und Behandlungen
Schmerzhotline
kostenfrei und für alle offen
Der Kurzratgeber bietet Wissen und Tipps zum Umgang mit Schmerzen.
Kurzratgeber
Schmerzen bei älteren pflegebedürftigen Menschen
Hinweise für die professionelle Pflege
Schmerzmanagement
Die Planung, Koordination und Umsetzung von Interventionen gegen chronische Schmerzen sowie die Verlaufskontrolle sind wichtige Aufgaben der professionellen Pflege. Dafür sind eine gute Zusammenarbeit mit weiteren Gesundheitsprofessionen sowie Wissen und Kompetenzen relevant. Pflegende mit Spezialisierung im Schmerzmanagement können bei komplexen Versorgungssituationen unterstützen. Verfahrensregelungen in Pflegeeinrichtungen helfen, das Vorgehen und Verantwortlichkeiten festzulegen.
Eine Übersicht zu Fort- und Weiterbildungen zur Pflege bei Schmerzen bietet unter anderem die Deutsche Schmerzgesellschaft. Die zertifizierte Fachweiterbildung „Spezielle Schmerzpflege“ vermittelt zum Beispiel Wissen zu Schmerzursachen, Assessment von Schmerzen, Schmerzmanagement und interprofessionellem Arbeiten. Die Deutsche Schmerzgesellschaft informiert zudem über Instrumente zur Schmerzerfassung bei älteren Menschen.
Leitlinien und Standards zum Schmerzmanagement für die Pflegepraxis
- Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP): Expertenstandard zum Schmerzmanagement in der Pflege
- Deutsche Schmerzgesellschaft (DGSS), Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), UVSD SchmerzLOS: S3-Leitlinie Schmerzmanagement bei geriatrischen Patient:innen in allen Versorgungssettings (GeriPAIN)
Die frei zugängliche ZQP-Übersicht zu pflegerelevanten Leitlinien und Standards und HTA-Berichten ermöglicht die Recherche zum Thema Schmerzen.