Analyse

Pflegende Angehörige in der COVID-19-Krise – 2020

Auf dieser Seite lesen Sie eine Zusammenfassung der Analyse Pflegende Angehörige in der COVID-19-Krise. Die vollständige Analyse können Sie kostenfrei herunterladen.

Bereits vor der Corona-Pandemie waren pflegende Angehörige physisch und vor allem psychisch teilweise stark belastet. Die oft sehr aufwendige häusliche Pflege kann viel Kraft kosten und mitunter zu Konflikten führen – gerade auch bei der Betreuung von Menschen mit Demenz. Eine ZQP-Befragung von pflegenden Angehörigen zeigt, dass die Corona-Pandemie viele pflegende Angehörige in der Pandemie vor zusätzliche Herausforderungen stellte.

Um pflegende Angehörige zukünftig besser unterstützen zu können, sind Erkenntnisse zu Herausforderungen und Belastungen im Zuge der Corona-Pandemie äußerst wichtig.

Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hat gemeinsam mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin in einer Studie untersucht, welchen Einfluss die SARS-CoV-2-Pandemie bisher auf pflegende Angehörige und die häusliche Pflegesituation hat.

Im Frühjahr 2020 wurde eine quantitative Untersuchung durchgeführt. Dafür wurden bundesweit 1.000 pflegende Angehörige zwischen 40 und 85 Jahren in Deutschland befragt, die seit mindestens 6 Monaten regelmäßig eine pflegebedürftige Person über 60 Jahre versorgen.

Herausforderungen in der COVID-19-Pandemie

Die Pandemie stellte pflegende Angehörige vor große Herausforderungen. Rund ein Drittel der pflegenden Angehörigen erlebte eine Verschlechterung der Pflegesituation. 24 Prozent waren besorgt, die Pflege in der aktuellen Lage nicht mehr zu schaffen. Besonders belastend war die Situation für Angehörige von Menschen mit Demenz. Und auch die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege gestaltete sich teilweise schwieriger.

 

 

Zentrale Ergebnisse

  • 32 Prozent berichten, dass sich ihre Pflegesituation in der Pandemie verschlechtert hat.
  • 24 Prozent sind besorgt, die häusliche Pflege nicht mehr zu schaffen.
  • 25 Prozent geben an, dass sie diese Situation mehr oder weniger überfordert.
  • Bei 29 Prozent haben Gefühle der Hilflosigkeit, bei 22 Prozent der Verzweiflung und bei 20 Prozent von Wut und Ärger in der Pflegesituation zugenommen.
  • 24 Prozent geben eine Steigerung belastender Konflikte mit der pflegebedürftigen Person an.

Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz berichten noch häufiger von einer Zunahme belastender Gefühle als die übrigen Befragten.

  • Der Wert für Gefühle der Verzweiflung liegt beispielsweise 14 Prozentpunkte, der Wert für Gefühle der Hilflosigkeit 13 Prozentpunkte höher.
  • In Bezug auf Wut und Ärger in der Pflegesituation liegt die Differenz zwischen beiden Gruppen bei 10 Prozentpunkten.
  • 35 Prozent dieser Angehörigen sind in Sorge, die häusliche Pflege in Folge der Entwicklungen durch das neue Corona-Virus nicht mehr zu schaffen.
  • 40 Prozent sehen sich Mehrbelastungen ausgesetzt, da Dienstleistungen und Hilfestrukturen im nahen Wohnumfeld wegfallen.
  • Tagespflegeeinrichtungen können in 81 Prozent der Fälle nicht mehr genutzt werden.
  • 65 Prozent geben an, dass die Unterstützung durch Dienstleister, etwa die Fußpflege, abgenommen oder aufgehört hat.
  • Die Unterstützung durch Nachbarn (43 Prozent), Freunde und Familienmitglieder (32 Prozent) oder den Hausarzt (30 Prozent) hat in vielen Fällen abgenommen oder aufgehört.
  • 20 Prozent geben an, dass ein ambulanter Pflegedienst seltener oder gar nicht mehr genutzt worden ist.
  • 45 Prozent der erwerbstätigen pflegenden Angehörigen geben an, dass die Pandemie-Situation die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für sie noch schwieriger gemacht hat. Bei den Erwerbstätigen, die einen Angehörigen mit Demenz versorgen, sagen dies sogar 56 Prozent.
  • 28 Prozent der Befragten arbeiteten zum Befragungszeitpunkt mehr als sonst oder ausschließlich im Home-Office.
  • 13 Prozent sagen, dass sie wegen der Corona-Situation stark oder sehr starke Sorge um ihre berufliche Zukunft haben.
  • In der Einkommensgruppe mit einem monatlichen Bruttoeinkommen unter 2.000 Euro sagen dies sogar 20 Prozent.
  • 96 Prozent gelingt es nach eigener Einschätzung gut oder sehr gut auf Händehygiene zu achten.
  • Beim Vermeiden von herzlichem Körperkontakt mit der pflegebedürftigen Person – etwa Umarmungen oder Küsse – gelingt dies weniger Befragten gut oder sehr gut (73 Prozent).
  • 38 Prozent geben an, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zum Beispiel bei der Körperpflege könnten sie eher oder gar nicht gut umsetzen.
  • 44 Prozent haben Probleme damit, sich selbst nicht ins Gesicht zu fassen.

 

Veröffentlichung dieser Studie: Juni 2020
Autorinnen und Autoren dieser Studie: Dr. Andrea Budnick, Charité – Universitätsmedizin Berlin | Dr. Simon Eggert, ZQP | Prof. Dr. Paul Gellert, Charité – Universitätsmedizin Berlin | Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Charité – Universitätsmedizin Berlin | Dr. Christian Teubner, ZQP

Wissenschaftliche Publikationen (peer review)

Budnick, A., Hering, C., Eggert, S., Teubner, C., Suhr, R., Kuhlmey, A., & Gellert, P. (2021). Informal caregivers during the COVID-19 pandemic perceive additional burden: findings from an ad-hoc survey in Germany. BMC Health Services Research, 21(353), 1-11. https://doi.org/10.1186/s12913-021-06359-7

Eggert, S., Teubner, C., Budnick, A., & Gellert, P. (2021). Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: generelle und aktuelle Herausforderungen Betroffener. In K. Jacobs, A. Kuhlmey, S. Greß, J. Klauber, & A. Schwinger (Hrsg.), Pflege-Report 2021 (S. 59-69). Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63107-2_4