Berlin, 11. August 2020. Gewaltprävention in der Pflege ist ein relevantes Thema für die Pflegepraxis, die Ausbildung und Forschung. Im Fokus steht dabei meist das Verhalten Pflegender gegenüber pflegebedürftigen Menschen. Aber auch zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen sind Konflikte und Aggressionen bis hin zu Gewalt keine Seltenheit. Dies kann für die Opfer schwerwiegende Folgen haben und sich negativ auf die gesamte Einrichtung auswirken. Vor diesem Hintergrund hat das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) Arbeitsmaterial für Schulungen in der professionellen Pflege erarbeitet. Damit sollen Wissen und Handlungskompetenzen vermittelt werden, um Konflikten und Gewalt zwischen pflegebedürftigen Menschen in stationären Einrichtungen vorzubeugen oder angemessen damit umzugehen.
Grundsätzlich kann jede pflegebedürftige Person in einer Einrichtung Gewalt durch Mitbewohnerinnen oder Mitbewohner erfahren. Dies geschieht zum Beispiel durch körperliche Übergriffe – aber auch durch Drohen, Herumkommandieren oder Schikanieren. Mutmaßlich bleiben viele solcher Vorfälle unbemerkt. Denn die Betroffenen möchten oder können vielleicht nicht darüber sprechen. Mitarbeitende der Einrichtung werden nicht unbedingt Augenzeugen. Anzeichen für Gewalt sind oft nicht direkt ersichtlich oder uneindeutig.
„Das neue Arbeitsmaterial kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Wissen über Ursachen, Auslöser und Anzeichen von Gewalt aufzubauen und für das Thema zu sensibilisieren. Bislang gibt es deutschlandweit nichts Vergleichbares“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des ZQP, Dr. Ralf Suhr. Obwohl die Prävention von Gewalt zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern hoch relevant ist, wird dies in der Pflegeausbildung und Pflegepraxis bisher oft noch zu wenig konkret behandelt.
Das Material umfasst eine Informationsbroschüre für Pflegende, Präsentationsfolien für eine Schulung und Arbeitsblätter für Gruppendiskussionen. Durch interaktive Elemente wird eine involvierende und dialogoffene Auseinandersetzung mit dem Thema gefördert und zur Reflexion eigener Erfahrungen angeregt. Verschiedene pflegealltagstypische Situationen und Problemkonstellationen werden aufgegriffen.
In erster Linie richtet sich das Lernpaket an professionell Pflegende und Auszubildende für Pflegeberufe. „Idealerweise sollte aber das gesamte Personal zum Thema geschult werden. Daher sind die Inhalte so aufbereitet, dass sie für alle in Pflegeeinrichtungen tätigen Berufsgruppen verständlich sind und in interdisziplinären Schulungen eingesetzt werden können“, so Suhr. Ebenso werde die Leitungsebene angesprochen. Denn Veränderungsprozesse müssten vom Führungspersonal ausgehen und kontinuierlich getragen werden. Andernfalls drohe eine entsprechende Intervention erfolglos zu bleiben.
Um die Handhabbarkeit des Arbeitsmaterials sowie Verständlichkeit und Nutzen zu testen, hat das ZQP Pilot-Schulungen in Pflegeeinrichtungen durchführen und evaluieren lassen. Nach Einschätzung der Teilnehmenden hat die Schulung ihr Wissen über Gewalt zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern und angemessene Handlungsoptionen verbessert. Für die Schulungsleitung erwies sich das Material als sehr geeignet und gut einsetzbar. Rückmeldungen wurden zur Finalisierung des Angebots genutzt.
Entstanden ist das Schulungspaket im Rahmen eines Forschungsprojekts zu Gewalt zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen. Das Projekt wurde von der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) und dem Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.