5. Januar 2016
Die 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen sind vielen Erwerbstätigen unbekannt.
Berlin, 5. Januar 2016. Auch ein Jahr nach Einführung der neuen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf glaubt die große Mehrheit der erwerbstätigen Deutschen nicht, dass sich Beruf und Pflege gut vereinbaren lassen. Lediglich 7 Prozent sind der Meinung, man könne parallel zum Berufsleben gut oder sogar sehr gut für einen pflegebedürftigen Angehörigen sorgen. Zwar ist das Gesetz faktisch in Kraft getreten, aber noch nicht in der Erwerbsbevölkerung angekommen, so das Fazit einer repräsentativen Erhebung der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP).
„Zwar bieten die aktuellen gesetzlichen Regelungen vielfältige Entlastungsmöglichkeiten, dennoch bleiben die Maßnahmen zu oft ungenutzt, da viele Berufstätige noch nicht ausreichend über die bestehenden Gesetze informiert sind“, sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP.
Auf die Frage, wie gut sich die Teilnehmer der ZQP-Umfrage über die Regelungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege informiert fühlen, antworteten 84 Prozent mit „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. So ist zum Beispiel der großen Mehrheit die Familienpflegezeit unbekannt (ebenfalls 84 Prozent), die einen Rechtsanspruch auf reduzierte Arbeitszeit und teilweise Freistellung vorsieht. Ähnliches gilt auch für die halbjährige Pflegezeit (82 Prozent) sowie die zehntägige Freistellung (72 Prozent). Selbst bei Personen mit eigener Pflegeerfahrung gilt: Nicht einmal die Hälfte kennt die verschiedenen Optionen.
Dabei würden womöglich mehr Menschen die Möglichkeiten nutzen, wenn Sie besser darüber Bescheid wüssten – dies zeigt sich bei der Familienpflegezeit: Je besser sich die Befragten über das Gesetz informiert fühlen, desto eher können sie sich vorstellen, es auch in Anspruch zu nehmen. Bei den gut informierten Befragten sind es 44 Prozent. Von denen, die ihre Kenntnisse als schlecht einschätzen, würden sich lediglich 30 Prozent dafür entscheiden.
Zudem äußern Berufstätige, die keine Familienpflegezeit für sich in Betracht ziehen, vielfältige Vorbehalte: 76 Prozent geben finanzielle Gründe und 23 Prozent organisatorische Probleme an. Auch die Angst vor beruflichen Nachteilen würden immerhin 43 Prozent davon abhalten, die Familienpflegezeit tatsächlich zu nutzen. Zudem bestehen nach wie vor Ängste, dass Vorgesetzte (19 Prozent) oder Kollegen (9 Prozent) wenig Verständnis haben. „Unsere Studienergebnisse zeigen auch, dass die Möglichkeiten der Politik, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu fördern, begrenzt sind. Deshalb ist vor allem eine pflegesensible Unternehmenskultur gefordert, um einen offeneren Umgang mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen. Aber auch um betrieblich passende Unterstützungsangebote für Mitarbeiter anbieten zu können“, so Suhr.
Methoden und Vorgehensweise
In der dieser Auswertung zugrundeliegenden, anonymen Bevölkerungsbefragung wurden Einstellungen aus dem Themenbereich „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“ erhoben. Hierfür wurde vom 11. bis 24. November 2015 eine repräsentative Stichprobe von1008 berufstätigen Deutschen ab 18 Jahre befragt. Die statistische Fehlertoleranz der Untersuchung liegt in der Gesamtstichprobe bei +/-3 Prozentpunkten.
Hintergrundinformationen zum Gesetz
Für die Organisation und Übernahme der Pflege eines Angehörigen sieht das Gesetz folgende Möglichkeiten vor: